In diesem Frühjahr ist die Politische Akademie wieder auf Österreich-Tour, genauer: auf Österreich-Gespräche-Tour durch alle Bundesländer. Dabei laden wir ein, über Ideen und Konzepte für die Europäische Union zu reden – über die Zukunft also.
Wer sich aber mit der Zukunft der europäischen Zusammenarbeit beschäftigt, tut gut daran auch einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Oder eher mehrere. Denn je besser wir wissen und spüren (!) woher wir kommen, desto tragfähiger können unsere Pläne für die Zukunft werden. Und desto besser sind wir vielleicht auch darauf vorbereitet, dass sie auch scheitern können.
Sowohl Aleida Assmann als auch Tanja Maljartschuk haben sich in ihren hier empfohlenen Texten mit Vergangenheit beschäftigt, mit der Geschichte des Kontinents, seiner Menschen, mit den Wunden, die in heutigen Gesellschaften weiterwirken, mit den Trümmern, auf denen heutige Institutionen gebaut wurden. Sie tun das in den Büchern jeweils aus unterschiedlichen generationellen und disziplinären Blickwinkeln. Und haben das auch getan im Rahmen des Symposions „Die großen Erzählungen zu Europa“, das wir im März 2024 – kuratiert von Thomas Köhler und Christian Mertens – an der Politischen Akademie abgehalten haben. (Zum Nachlesen und Nachschauen gibt es die Inhalte hier.)
GANZ GRUNDSÄTZLICH…
… betrachtet Aleida Assmann unseren Umgang mit der „Vergangenheit, die nicht vergeht“. Das gleichnamige Büchlein stellt das Transkript ihres Beitrages bei den Wiener Vorlesungen 2023 dar und ist um ein Gespräch ergänzt, das Assmann aus diesem Anlass mit der Journalistin Birgit Dalheimer geführt hat. Als Literatur- und Kulturwissenschaftlerin geht die Autorin dabei den Narrativen auf den Grund, die Gesellschaften zusammenhalten, aber auch auseinanderdividieren können. Entsprechend ist auch der Untertitel von Vortrag bzw. Buch gewählt, der da lautet: „Gespaltene Gesellschaften und gegensätzliche Narrative“. So sanft, wie es für eine Wissenschaftlerin zulässig ist, plädiert Assmann für einen gleichsam pro-aktiven Umgang mit zunehmender Heterogenität – immer aber mit Blick auf die Geschichte, die sich zwar nicht ursächlich verändert, deren Rezeption man jedoch immer wieder neu verhandeln kann. Das 64 Seiten starke Buch ist rasch gelesen und kann ein guter Einstieg in die Auseinandersetzung mit Aleida Assmanns wissenschaftlichen und publizistischen Wirken sein.