
erste Bundesratspräsidentin
(* 28. Januar 1871 in Olmütz, Mähren; † 25. August 1948 in Graz, Steiermark)
Olga Rudel-Zeynek war die erste Bundesratspräsidentin und war somit die erste Frau der Moderne, die in einem Staat einer parlamentarischen Körperschaft vorstand.
Während des Kriegs half Rudel-Zeynek in einer Armenküche in Graz aus; auch war sie in verschiedenen sozial-karitativen Einrichtungen tätig und engagierte sich in der Katholischen Frauenorganisation. Sie begann Märchen zu verfassen, die sie in verschiedenen Zeitungen publizierte. Auch hielt sie Vorträge über soziale Anliegen und wies auf die Bedeutung der Frau in Kriegszeiten hin.
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie, und dem Ausrufen der Republik wurde auch den Frauen das Wahlrecht zugestanden. Olga Rudel-Zeynek nützte diese Gelegenheit, um Frauen auf die Notwendigkeit ihres Wahlrechts aufmerksam zu machen; gleichzeitig wollte sie, dass Frauen auch politische Ämter ausüben sollten. Von vielen Männern wurde ihr Vorhaben feindselig betrachtet; so soll bei einem ihrer Vorträge ein männlicher Zuschauer gerufen haben: Verdammtes Weibsvolk, bleibt’s bei euere Kochlöffel! Ein anderer rief: Lieber einen Chinesen als eine weibliche Abgeordnete!
Als im Mai 1919 die Wahl zum steiermärkischen Landtag stattfand, kandidierte sie erneut, fand sich ebenfalls an dritter Stelle der Wählerliste, hatte dieses Mal jedoch mehr Glück. Zusammen mit den ebenfalls weiblichen Abgeordneten Marianne Kaufmann (CSP) und Martha Tausk (SPÖ) zog sie in den Landtag ein. Olga Rudel-Zeynek drang in zahlreiche einst männliche Domänen vor und saß unter anderem im volkswirtschaftlichen Ausschuss des Landtags, und engagierte sich vor allem für frauen- und bildungspolitische Anliegen.
1920 verfehlte Rudel-Zeynek erneut den Einzug in das Parlament, konnte jedoch kurz später Kaspar Hosch‘s Sitz im Nationalrat einnehmen. Als das Parlament 1923 erneut gewählt wurde, bekam sie ein Direktmandat und gehörte bis zum 18. Mai 1927 als Abgeordnete dem Nationalrat an. Sie saß unter anderem im Justiz- und Bildungsausschuss des Parlaments und konnte 1922 jenes noch heute gültige Gesetz zur Ratifizierung bringen, das die Alkoholabgabe an Jugendlichen untersagte. Auch engagierte sie sich im Besonderen für Frauenangelegenheiten und konnte so unter anderem durchsetzen, dass auch Mädchen gleiche Bildungschancen wie Jungen erhalten sollten.
Trotz einer Resolution der christlichsozialen Frauen am Parteitag im Jahr 1927, die eine Rückkehr Rudel-Zeyneks in den Nationalrat forderten, blieb dieser auch bei der Nationalratswahl 1930 ein Listenplatz verwehrt.
Im Mai 1927 wurde sie in den Bundesrat gesandt und übernahm am 1. Dezember desselben Jahres, als der Steiermark vergönnt war, den Präsidenten des Bundesrats zu stellen, den Vorsitz. Olga Rudel-Zeynek war somit die erste Frau der Moderne, die in einem Staat einer parlamentarischen Körperschaft vorstand.