Reisebericht – Politische Studienreise in den Kosovo

Mit der Kosovo-Studienreise wurde die seit 2018 begonnene Tour der Politischen Akademie durch die Länder Westbalkans mit seinem letzten Halt im jüngsten Staat Europas nun final abgeschlossen. Apropos jung, die Republik Kosovo ist nicht nur politisch der jüngste Staat Europas, sondern auch in demografischer Hinsicht ein sehr junges Land, denn die kosovarische Bevölkerung ist auch die durchschnittlich jüngste Bevölkerung Europas.

Angekommen am Flughafen von Pristina wurden wir gleich vom österreichischen Botschafter Mag. Christoph Weidinger in Empfang genommen. Nach einer kurzen Begrüßung von Seiten der Österreichischen Botschaft ging es weiter mit kleinen Bussen in das Hotel Sirius im Zentrum der Hauptstadt. Die ersten Eindrücke bei der Fahrt zeigten ein klares Bild: der junge Kosovo ist im Aufbruch – neue Siedlungen werden am Stadtrand errichtet, moderne Einkaufszentren samt Kinos sind entlang der großen Straßen zu sehen und viele junge Einwohner säumen die Straßen von Pristina. Dieses Bild wurde auch bei der ersten Erkundung des Zentrums mit Bahri Trojer, Integrationskoordinator beim Österreichischen Integrationsfonds wieder sichtbar: viele junge Menschen sind in den lebendigen Bars, Cafés und Restaurants anzutreffen. Nach einem Mittagessen ging es weiter zum großen Denkmal des berühmten Skanderbegs, der im 15. Jahrhundert im Kampf gegen die Osmanen in die Geschichtsbücher einging und heute zu den wichtigsten albanischen Nationalhelden zählt. Nicht ohne Grund ist dieses Denkmal im Zentrum zu finden, denn mit über 88% zählt die albanische Bevölkerungsgruppe zur größten ethnischen Gruppe des Landes. Daneben wird der Kosovo auch noch von Bosniaken, Türken, Roma, Ashkali und Serben bewohnt. Das Verhältnis der Ethnien ist und bleibt ein großes Thema, besonders die Beziehungen zum Nachbarn Serbien, von dem sich die Republik Kosovo vor fünfzehn Jahren unabhängig erklärte.

Dieses Thema stand auch beim ersten politischen Termin im Fokus. Die kosovarische Außenministerin Donika Gërvalla-Schwarz gab uns auf Deutsch im kosovarischen Außenministerium einen breiten und umfassenden Einblick in die innen- und außenpolitische Situation des jungen Landes und in die Bemühungen des kosovarischen Staates zur vollständigen Anerkennung von allen EU-Mitgliedsstaaten, denn immerhin fünf EU-Staaten Slowakei, Spanien, Rumänien, Zypern und Griechenland erkennen die Unabhängigkeit des Kosovos nicht an. Hier wurde auch Österreichs positive Rolle in der Vergangenheit  – hier fiel gleich bei mehreren Terminen immer wieder die Namen der ehemaligen ÖVP-Vizekanzler Alois Mock und Erhard Busek – hervorgehoben, jedoch war auch der Wunsch nach einer noch aktiveren Rolle Europas und Österreichs bei Frau Donika Gërvalla-Schwarz zu spüren. Ein weiteres Thema wurde mit großer Freude angesprochen: die europäische Visa-Liberalisierung ab dem kommenden Jahr. Der Traum von Europa inklusive dem Kosovo war auf der Studienreise stets ein wichtiger Punkt.

All das wurde auch beim Abendessen mit Jehona Lushaku, der Präsidentin des Women’s Forum of the Democratic League of Kosovo (LDK) und des Vizebürgermeisters von Pristina, Alban Zogaj (LDK) deutlich. Mehr Europa hat auch für die älteste Partei des Kosovos, welche auch einen Beobachterstatus in der EVP innehat, eine große Bedeutung. Schon am nächsten Tag stand ein Besuch in der Parteizentrale unserer „Schwesterpartei“ mit dem Vorsitzenden Lumir Abdixhiku am Programm, der sich eine stärkere Einbindung in die Strukturen der EVP wünscht. Unisono wurde berichtet, dass sich die LDK derzeit im Aufwind bei den Umfragen von 12% auf 24% befindet.

Am Vormittag des zweiten Tages gab es vom Österreichischen Botschafter, vom Büroleiter der Wirtschaftskammer Österreich in Slowenien und Kosovo, Wilhelm Nest, und der Büroleiterin der österreichischen Entwicklungsagentur (ADA) im Kosovo, Sandra Horina, ein umfassendes Briefing. Dass der Kosovo ein Zentrum internationaler Politik darstellt, wird einem durch die hohe Dichte von internationalem Personal seit dem Kosovo-Krieg (1999) klar. Die Studienreise wurde neben der Präsidentin der Politischen Akademie Abg.z.NR Mag. Bettina Rausch auch vom Abgeordneten des Europäischen Parlamentes Mag. Lukas Mandl begleitet, der das Engagement der Europäischen Union erklärte und seinen niederländischen Kollegen im Europäischen Parlament Thijs Reuten vorstellte, welcher bei der Visa-Liberalisierung eine wichtige Rolle einnahm. Die Bedeutung der Europäischen Union darf nicht unterschätzt werden, besonders in den Bereichen der Sicherheit und der Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit. Darüber gaben Annette Fath-Lihic, ehemalige Policy  Advisor  to  the  EU  Special Representative in Kosovo und Lars-Gunnar Wigemark, Missionsleiter der EULEX einen wichtigen Überblick.

Am Nachmittag stand ein Austausch im kosovarischen Parlament mit verschiedenen Abgeordneten am Programm. Es stehen wiederum die besonders brennenden Themen im Vordergrund: die Frage der Anerkennung aller EU-Staaten, die Beziehungen zu Serbien, der Weg nach Europa und die wirtschaftliche Weiterentwicklung. Am Abend ging es nach Gjilan in den Süden des Kosovos. Nach einem Austausch mit Studierenden an der örtlichen Universität, gab es einen Termin mit dem Bürgermeister der Stadt Alban Hyseni und weiteren lokalen Politikern.

Am dritten Tag der Reise erwartete uns der eigentliche Höhepunkt: das Treffen mit der kosovarischen Präsidentin Vjosa Osmani und die feierliche Gründung der Kosovo-Austria Friendship Association im Hotel Emerald. Im Zuge der Gründung wurde die enge Bindung und langjährige Unterstützung durch Österreich neuerlich deutlich – zahlreiche Gäste kamen zu diesem Ereignis, neben der Staatspräsidentin auch der Premierminister Albin Kurti.

Ein dichtes, umfangreiches und abwechslungsreiches Programm gab einen spannenden Einblick in ein junges und aufstrebendes Land, das guten Mutes in die Zukunft blickt. Wir als Europa werden und müssen sie auf ihrem Weg begleiten, damit wir alle positiv für den Kosovo, für den Balkan und für ganz Europa in die Zukunft blicken können. Die Politische Akademie wird nach diesem Abschluss der Studienreisen mit dem Schwerpunkt Westbalkan weiterhin intensiv in der Region tätig sein und den Kontakt zu den Menschen vor Ort suchen.

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