Frauen in der Diplomatie: Sind Sie jetzt die Quotenfrau?

Über Frauen in der Diplomatie sprachen am Donnerstag, dem 19. Jänner Österreichs erste Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, die ehemalige Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann, die stellvertretende Direktorin der Diplomatischen Akademie Martina Schubert und die Erstzugeteilte in der österreichischen Botschaft in Warschau Michaela Pacher. Bei diesem Event aus der Reihe „Aufgeblättert“ nahm die Politische Akademie die Autobiografie Ferrero-Waldners „Benita: Wo ein Wille, da ein Weg. Erfahrungen einer Europäerin und Kosmopolitin.“ und das von Motschmann herausgegebene Buch „Female Diplomacy – Frauen in der Außenpolitik“ zum Anlass, einen Blick auf die weibliche Seite der Diplomatie zu werfen. Moderiert wurde der Abend von der langjährigen USA-Korrespondentin und ZIB-Moderatorin des ORF Hannelore Veit.

Pionierinnen in der Diplomatie

Bereits zu Beginn der Veranstaltung erinnerte die Präsidentin der Akademie, Nationalratsabgeordnete Bettina Rausch, an Grete Rehor, Österreichs erste Ministerin. „Pionierinnen wie Grete Rehor sollen mit ihren Biografien und ihren Leistungen auch Vorbild sein und Mut machen“, erklärte Rausch die Grete-Rehor-Initiative, in deren Rahmen die Politische Akademie erfolgreiche Frauen vor den Vorhang holt und zu der auch diese Veranstaltung gehörte.

Wie oft Ferrero-Waldner als erste Außenministerin Österreichs, erste EU-Kommissarin für Außenbeziehungen und erste UNO-Protokollchefin eine solche Pionierin war, darauf wies Hannelore Veit hin. Dabei agierte sie als „Vorkämpferin gegen die gläserne Decke bei Frauenkarrieren“, wie sie an einer Stelle in ihrem Buch schreibt.

Hürden und Vorurteile auf dem Weg

Doch der Weg war für Ferrero-Waldner nicht immer einfach. So sei sie etwa bei ihrem ersten Fernsehauftritt als Staatssekretärin von der Moderatorin gefragt worden: „Aha, sind sie jetzt die Quotenfrau?“ Eine Darstellung gegen die sie sich immer vehement gewehrt habe. Auch Motschmann wurde am Anfang ihrer Tätigkeit nicht ernst genommen: „Männer waren nach sechs Wochen im außenpolitischen Ausschuss in den Medien „Experten“. Ich war immer noch nur Mitglied im außenpolitischen Ausschuss.“ Hinzu komme auch, dass jeder Fehler Frauen übler genommen werde als Männern. „Es stellt sich immer wieder latent die Frage: Können die das? Sind die kompetent genug? Das wird bei Männern nicht gemacht“, wies Motschmann auf das Messen mit zweierlei Maß hin.

Dass im diplomatischen Dienst manchmal auch die Frauenbilder anderer Kulturen als erschwerende Komponente hinzukommen, erklärte Martina Schubert und berichtete von den Verhandlungen mit dem Iran auf EU-Ebene: „Es wurde mir nicht die Hand gereicht und die Stimmung war eisig, weil ich als einzige Frau anwesend war.“ Da helfe es nur, sich auf die Sache zu fokussieren.

Der andere Blick auf die Welt

Diese Sache würden Frauen auf jeden Fall anders betrachten, war sich Motschmann sicher: „Frauen haben einen anderen Blick auf Sachverhalte und Probleme, einen breiteren Blick – etwa auf die Auswirkungen auf die Menschen da draußen und auf die Familien.“ „Für Frauen steht immer der Mensch im Fokus“, ergänzte Ferrero-Waldner.

„Ich habe mich oft gefragt, ob es einer Frau möglich wäre, das zu tun, was Putin gerade tut. Städte zerstören und eine solche Menge Menschen töten. Für mich als Politikerin wäre das unvorstellbar. Kriege gehen auch heute noch in der Regel von Männern aus“, verwies Motschmann auf die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in der Außenpolitik. „Frauen sind diplomatischer.

Selbstbewusste Netzwerkerinnen gesucht

Neben den für die Diplomatie sehr hilfreichen Eigenschaften, identifizierten die Damen am Podium aber auch Schwächen, die viele Frauen auf ihren Karrierewegen hemmen. „Frauen können sehr gut auf Menschen zugehen, allerdings sind sie im Netzwerken nicht so gut wie die Männer“, berichtete etwa Motschmann. Dabei sei Netzwerken ausgesprochen wichtig für die Karriere, auch schon in der Studienzeit, unterstrich Schubert die Relevanz dieser Fähigkeit.

Eine offene Flanke sei bei Frauen auch das Selbstbewusstsein, erklärte Ferrero-Waldner am Beispiel ihres Weges zur Staatssekretärin 1995: „Ich wurde gefragt, ob ich Außenministerin werden möchte und habe abgelehnt. Nur die Nummer zwei konnte ich mir vorstellen.“ Erst fünf Jahre später übernahm sie in der nächsten Regierung das Ministeramt. Auch Pacher kennt das Thema: „Mehr Selbstbewusstsein können wir uns von den Männern schon abschauen. Frauen sind oft zögerlicher. Weniger in meiner Generation, aber immer noch.“

Ein positiver Trend beim Frauenanteil

Eine sehr erfreuliche Bilanz zogen die vier Podiumsgäste über die Entwicklung des Frauenanteils in der Diplomatie. Schubert berichtete, dass im Außenministerium 49,2 Prozent  aller Mitarbeitenden und im höheren diplomatischen Diensts immerhin 40,1 Prozent weiblich seien. Mit 58 Prozent gäbe es heuer sogar einen Überhang an Studentinnen an der Diplomatischen Akademie. „In meinem Jahrgang auf der Diplomatischen Akademie waren wir auch schon mehr Frauen als Männer und auch bei meiner Préalable (Auswahlverfahren für den diplomatischen Dienst) 2019 wurden mehr Frauen aufgenommen“, unterstrich Pacher den positiven Trend.

Diese Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Wilfried Martens Centre for European Studies und der Diplomatischen Akademie statt.

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