11.11.2025

Ein Blick zurück, ein Auftrag nach vorn

Der Campus Tivoli gedachte dem Grauen der Reichspogromnacht vom 9. November 1938. Damals brannten Wiener Synagogen und jüdische Österreicherinnen und Österreicher wurden misshandelt, verhaftet und getötet. Diese Nacht der Schande war das offizielle Signal zum größten Völkermord in der Geschichte. Campus Tivoli fragte daher führende Expertinnen und Experten: Was können wir Nachgeborenen aus der Reichspogromnacht lernen?

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Wider die Relativierung der Wahrheit und Menschenwürde

„Es reicht nicht, wenn wir toten Juden gedenken, wir müssen uns für die Rechte der Lebenden engagieren“, stellte Campus Tivoli Präsident Wolfgang Sobotka in seiner Einführung klar.

Und es gilt sich aktiv zu positionieren. Der Massenmord der Hamas an unschuldige Zivilisten am 7. Oktober 2023 markierte das grässlichste Verbrechen gegen die Menschlichkeit seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Kampf gegen den Antisemitismus sei immer auch ein Kampf für Demokratie und Menschenwürde. Diese universellen Wahrheiten sieht Sobotka aber durch die Ideologie der Postmoderne, die die Wahrheit relativiere, leugne oder als soziales Konstrukt ablehne, in Gefahr.

NS-Kriegsmaschine brauchte Geld

Die NS-Diktatur stand auf aufgrund der Aufrüstung immer kurz vor dem Bankrott, erklärte der Historiker Kurt Bauer mit der Reichsfluchtsteuer, Arisierungen, den Raub von jüdischen Wohnungen, und der Beschlagnahme jüdischen Vermögens wurde die klammen Kassen aufgefüllt.  Dennoch stand Deutschland 1937 vor dem Bankrott, die Nazis brauchten Geld und erhöhten den Druck auf die österreichischen Jüdinnen und Juden immer mehr. Synagogen wurden abgerissen, weil sie angeblich das Stadtbild zerstören. Im Oktober gab es Ausschreitungen und Juden bei Yom Kippur, jüdische Geschäfte wurden mit Sternen markiert.  Als Herschel Grynszpan von diesen Gräueltaten erfuhr, verübte er am 7. November 1938 in Paris ein Attentat auf den deutschen Diplomaten Ernst von Rath.  Die NS-Mörderbande nahm diese Tat zum Anlass, um die schon lange beabsichtigten Verbrechen gegen Juden generalstabsmäßig durchzuführen.  Am 9. November erteilt Josef Göbbels den Befehl, alle Parteikader zu mobilisieren und eine Hetzjagd auf jüdische Bürger zu beginnen.  Als Zivilisten getarnt marodierten SS- und SA Horden durch die Straßen Wiens, zündeten Geschäfte an und ermordeten unschuldige Bürgerinnen und Bürger.  Diese Nacht der Schande markierte den Beginn der Entmenschlichung jüdischer Mitbürger und bildete den Auftakt für den geplanten und industriellen Massenmord an europäischen Jüdinnen und Juden.

Wien als Negativspiel

Der Journalist Walter Hämmerle erinnere an die besonders unrühmliche Rolle der Wiener bei der Reichspogromnacht. In Wien gab es mehr jüdische Bürgerinnen als in München oder Berlin und das von Deutschland überfallende und angeschlossene Österreich wollte wohl aus einem Minderwertigkeitskomplex heraus sich besonders bei der Verfolgung hervortun, so Hämmerle. Die lange Tradition des Wiener Antisemitismus mit Nazi-Vordenkern wie Georg von Schönerer und populistischen Antisemiten wie dem ehemaligen Wiener Bürgermeister Karl Lueger hatte jahrelang die Entmenschlichung gleichberechtigter Bürger vorbereitet.

Es braucht mehr als Gedenken

Menschenrechtsexpertin Eva Sobotka nannte den Gaza-Konflikt und den importieren Antisemitismus muslimischer Zuwanderer gegenwärtig als die zwei wesentlicher Brandbeschleuniger antisemitischer Ressentiments.  Moderner Antisemitismus umfasse neben rassistischen Antisemitismus auch einen neuen Antisemitismus gegen Israel. Um solche bedenklichen gesellschaftlichen Entwicklungen auszutrocknen, appellierte Sobotka an eine umfassende Bildungsarbeit und Aufklärung wie der Aktionsplattform erinnern.at, wo Schülerinnen und Schüler lernen, antisemitische Vorurteile zu erkennen.  Entscheidend sei dabei die Leitfrage: Wie sehen wir als Gesellschaft heute zu den Menschenrechten und wie gut schützen wir unsere Minderheiten?

Falsche Behauptungen

Völkerrechtsexpertin Monika Polzin kritisierte den völlig falschen und faktenbefreiten Genozidvorwurf gegen Israel, der von propalästinensischen Propagandaorganisationen wie Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) und schlecht informierten Journalisten und Aktivisten fälschlicherweise immer als feststehende Tatsache gewertet werde. Dabei gebe es aus völkerrechtlicher Perspektive kein einziges Indiz für einen Völkermord, stellte Polzin außer Streit. Israel verfolge nicht die Absicht die palästinensischen Araber in Israel als Gruppe zu vernichten, sondern war nach dem Massaker der Hamas vom 7 Oktober gezwungen, militärisch zu reagieren: Der einzige Grund der militärischen Intervention war die Befreiung der israelischen Geiseln. Als diese befreit wurden, stimmte die israelische Regierung sofort einem Waffenstillstand zu. Komplexe Vorwürfe wie jener eines Kriegsverbrechens sind zurückzuweisen.

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